Experteninterview mit Hans Steup zum Personalmarketing in der Versicherungsbranche

8. Dezember 2017 | 9 Minuten Lesezeit

Im Zuge des #Neulandreport 11/17 mit den Fokusthemen Employer Branding, Personalmarketing und Social Recruiting der Assekuranz konnten wir mit Hans Steup wieder einen absoluten Experten zu diesem Thema für ein Interview gewinnen.Er unterstützt seit Jahren Versicherer bei der Besetzung offener Stellen und ist Gründer des Branchenportales VersicherungsKarrieren. Zweifellos gehört Hans Steup somit zu den fünf Personen in Deutschland, die sich am besten mit der Personalsuche in der Assekuranz auskennen.

[fancy_header type=“2″ subtitle=“Hat sich die „Jagd“ nach den passenden Angestellten in den letzten Jahren wirklich verschärft, oder ist dies nur gefühlt so?“]Frage 1[/fancy_header]

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Die Jagd hat sich definitiv verschärft. Zwei Beispiele:

In Berlin haben wir 2015 und 2016 ziemlich gerödelt. Die InsurTechs haben jede Menge Leute fest angestellt. Damals haben viele unzufriedene Mitarbeiter, vor allem aus Versicherungsbüros, den Arbeitsplatz gewechselt. In 2017 finden dieselben InsurTechs kaum noch passende Leute. Das liegt daran, dass in den Jahren zuvor die meisten unzufriedenen gewechselt sind. Es gibt heute in Berlin viel weniger Versicherungsmenschen, die wechseln wollen.

Dasselbe in München. Dort herrscht in der Versicherungsbranche quasi Vollbeschäftigung. Unternehmen jagen sich die Mitarbeiter gegenseitig ab. Fonds Finanz sponsert seit kurzem den TSV 1860 München. Aus welchem Grund fördert ein Maklerpool, den die meisten Makler sowieso kennen und der ja selbst keine Privatkunden anspricht, plötzlich einen Fußballverein? Es bringt Sichtbarkeit in München. Als Arbeitgeber.

Sichtbarkeit ist für Arbeitgeber das Stichwort. Es geht heute weniger darum, Stellenanzeigen zu schalten, wenn man Leute sucht. Stellenanzeigen werden online nach dreißig Tagen um 23:59 Uhr abgeschaltet. Oder landen nach zwanzig Minuten mit der Zeitung im Altpapier. Und dann?

Willst Du in Zukunft passende Mitarbeiter gewinnen, musst Du ständig in Deiner Branche und in Deiner Region sichtbar sein. Nicht erst dann, wenn Du eine freie Stelle besetzen willst. Sondern davor. Unternehmen investieren viel Geld in Werbung für Produkte und Dienstleistungen. Mitarbeiter-Gewinnung wird so nebenbei aus dem Orga-Etat bezahlt. Die Zeiten sind vorbei. Hat nur noch nicht jeder gemerkt.

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[fancy_header type=“2″ subtitle=“Muss man die Millenials wirklich anders ansprechen als ältere Generationen und wenn ja, wie?“]Frage 2[/fancy_header]

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Vergleich doch mal die Anzahl der Stellenanzeigen in Fachmagazinen heute und vor zwanzig Jahren. Damals gab es mehrere Doppelseiten mit Stellenanzeigen. Heute mit etwas Glück eine Hand voll.

Die Papiermagazine landen auf einem großen Stapel und werden gelesen, wenn irgendwann mal Zeit dafür ist. Alle Magazine findet man heute auch online. Wir werden zugeballert mit Informationen. Magazine, Newsletter, Facebook … und es wird ständig mehr. Ich blättere zwar auch durch die Fachmagazine, nachdem ich sie aus meinem Briefkasten hole, aber überwiegend lese ich die Magazine auf dem Handy. Entweder bei Facebook. Oder in einer Später-lesen-App namens Pocket.

Und genau dort, nämlich auf dem Handy in den sozialen Medien, müssen wir die jüngeren Leute erreichen. Anstatt alle mit demselben Personalkram zu bespaßen, weil es so schön bequem ist, müssen wir differenzieren. Schüler, Azubis, Absolventen, Abbrecher, Einsteiger und Aufsteiger müssen wir vollkommen unterschiedlich ansprechen.

Das ist am Anfang etwas aufwändig, weil wir Zielgruppen und spezifische Inhalte erstellen müssen. Das Senden der verschiedenen Botschaften an die jeweiligen Menschen ist dann ganz einfach. Dafür gibt es Apps und Software.

Es war nie zuvor einfacher und preiswerter, sein Publikum gezielt zu erreichen.

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[fancy_header type=“2″ subtitle=“War es jemals „cool“ bei Versicherungen zu arbeiten? Was hat sich denn bei  Stellenausschreibungen in den letzten 5 Jahren geändert?“]Frage 3[/fancy_header]

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Aus meiner Sicht ist es heute cooler als je zuvor. InsurTechs zeigen, dass Versicherung interessant sein kann. Neue Modelle, neue Ideen, und alles ohne Krawatte. Natürlich müssen InsurTechs noch zeigen, ob die Konzepte tragfähig und profitabel sind. In Berlin hat ein Allianz-Vertreter einen Co-Working-Space mit Café eröffnet. Im tiefsten Kreuzberg. Und in ganz Deutschland spezialisieren sich Vermittler auf die unterschiedlichsten Bereiche und Nischen. Ich finde das mehr als spannend. Hinzu kommt, dass die Deutschen keinen blassen Schimmer von Versicherungen und Finanzen haben. Wir brauchen Leute, die denen erklären, wie das alles funktioniert.

Und ist es nicht ein toller Beruf, als Finanzberater Menschen dabei zu helfen, dass sie das Leben führen können, das sie sich wünschen? Für viele Jungmakler ist genau das der Antrieb. Bei den Stellenausschreibungen hat sich in den letzten dreißig Jahren nichts getan. Nada. Niente. Sogar die hippen InsurTechs schreiben den durch Marketing und die Rechtsabteilung weichgespülten Schrott bei den Versicherern ab. Schlimmstenfalls angereichert durch einen Eimer voller Anglizismen und Superlative.

Vor zwei Jahren fing ich an, Story-basierte Stellenausschreibungen zu schreiben. Weil ich das Zeug, dass Kunden mir geschickt haben, auf meinem Stellenmarkt nicht lesen wollte. Also eher aus der Not heraus. Mittlerweile schreibe ich mehrere Jobstories im Monat. Die Reaktionen der Bewerber sind phänomenal. Manche Leute, die die Ausschreibung lesen, aber für den Job zu weit weg wohnen, rufen beim Arbeitgeber, nur um ein Lob für die Ausschreibung los zu werden. Kein Scherz. Wenn Dir das als Arbeitgeber gelingt, hast Du es geschafft.

In Zukunft wird es gar nicht mehr anders gehen.

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[fancy_header type=“2″ subtitle=“Was sind deine Erfahrungen, auf welchen Kanälen suchen Bewerber nach Stellen bei Versicherungen bzw. suchen sie überhaupt oder muss man die Bewerber finden?“]Frage 4[/fancy_header]

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Unternehmen sagen mir, dass sie zunehmend schwerer Leute finden über klassische Jobbörsen. Hinzu kommt, dass auch in der Personalgewinnung Leute abgebaut werden. Viele Orgabereiche bei den Versicherern werden immer größer. Weniger Vertriebsleiter müssen immer mehr Leute finden. Wie soll das gehen? Viele Bezirksdirektionen verlieren allmählich den Draht in die Region. Heute bleibt einem Orgaleiter kaum noch Zeit, um mal in die Agentur des Mitbewerbers zu gehen und zu fragen, wie’s denn so läuft bei ihm. Papierkram, Verkaufs-Aktionen und die bestehenden Vertriebsmitarbeiter nehmen viel Zeit in Anspruch.

Der Ausweg ist eine digitale Strategie. Leider sind nur wenige Verantwortliche wirklich offen. Ich rede mir oft den Mund fusselig. Aber wie willst Du jemandem Facebook, Xing und online erklären, dessen größte digitale Errungenschaft das schnurlose Festnetz-Telefon ist? Ja, Du lachst. Ich weiß, Du kennst die Typen ja auch. Viele Karriereseiten, auch bei Versicherern, sind Murks. Stellenanzeigen, die als pdf irgendwo rumliegen. Wenn man den Link zum Karriere-Bereich überhaupt findet.

Das muss sich ändern. Außerdem schreiben Unternehmen nur einen Bruchteil der Stellen öffentlich aus. Kein Jobsucher grast jeden Tag hunderte von Versicherer-Seiten ab, um zu schauen, ob eventuell eine passende Stelle ausgeschrieben ist. Selbst wenn die Stelle auf der Webseite liegt, wie soll sie jemand finden? Bei einer Fluktuation von ca. zehn Prozent in unserer Branche sucht sowieso nur einer von zehn aktiv Arbeit. Wie erreichen wir die anderen neun, die nicht suchen? Von denen einige im Job unzufrieden sind? Und offen für eine neue Aufgabe …

Wir bewerben die Ausschreibungen gezielt über Facebook. In der jeweiligen Region und bei Leuten, von denen Facebook weiß, dass sie beruflich mit Versicherungen und Finanzen zu tun haben. Hinzu kommt unser Kontakt-Netzwerk in der Versicherungsbranche. Wir können auch nicht zaubern. Aber wir sind ziemlich nah dran an den Leuten.

Der potentielle Kandidat muss also gar nicht suchen. Die Ausschreibung landet automatisch direkt vor seiner Nase.

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[fancy_header type=“2″ subtitle=“Welche Relevanz haben Arbeitgeberbewertungsportale wie Kununu?“]Frage 5[/fancy_header]

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Wenn 428 Leute bei Amazon ein und dasselbe Buch bewerten, dann mag das eine gewisse Aussagekraft haben. Aber wenn 428 Leute zig unterschiedliche Abteilungen, Kollegen, Chefs und Jobs bei der Pfefferminzia bewerten, welche Aussagekraft kann das für eine einzelne Stelle haben? Wenn ich dreißig negative Bewertungen für eine ganz bestimmte Abteilung lese, dann scheint dort wirklich etwas im Argen zu sein.

Ich betreue ja seit zehn Jahren ein chinesisches Restaurant im Bereich Marketing. Die Bewertungen schwanken zwischen ‚grottenschlecht, nie wieder’ und ‚am liebsten jeden Tag’. Was bringt Dir das, der Du gerade Lust hast, chinesisch Essen zu gehen? Und ich weiß ja, wie manche Bewertung zustande kommt. Da bewerten oft Blinde die Mona Lisa.

Miteinander leben und arbeiten hängt viel von der Chemie ab. Mal klappt es, mal nicht. Deshalb halte ich auch wenig von automatischen Auswahlverfahren. Lass doch die Leute, die miteinander arbeiten müssen, einfach miteinander sprechen. Rekrutierung gehört deshalb auch nicht in eine zentrale Personal-Abteilung, sondern in die Fachabteilung.

Der Nutzen von Arbeitgeber-Bewertungs-Portalen hat sich mir noch nicht erschlossen.

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[fancy_header type=“2″ subtitle=“Was hältst du von expliziten Karriere-Accounts auf Facebook, Twitter & Co.? Ist das zu empfehlen, da Interessenten so einen klaren Einblick ins Unternehmen bekommen, oder ist eine Vermischung zwischen Kunden und Bewerbern weniger sinnvoll?“]Frage 6[/fancy_header]

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Ich würde da unterscheiden. Ein großer Versicherer wie die Allianz, der bundesweit zahlreiche und unterschiedlichste Positionen vergibt, sollte eine separate Karriereseite auf Facebook haben. Vielleicht sogar mehrere je nach Zielgruppe, wie zum Beispiel Schüler, Absolventen, Studenten und Berufserfahrene.

Speziell die Allianz geht sogar noch weiter und hat Anfang 2017 für sämtliche Geschäftsstellen je eine Karriereseite Vertrieb angelegt. Das ist gut gemeint. Funktioniert aber nicht, weil auf den Seiten nichts passiert, außer dass sich alle Allianzer gegenseitig liken. Der Facebook-Algorithmus ignoriert diese Seiten wegen Irrelevanz. Wenn sich vor Ort niemand um die Facebook-Seite kümmert, bitte abschalten.

Anders ist es bei kleinen und mittelständischen Vermittler-Betrieben. Da würde ich zwischen Kunden und Mitarbeitern nicht unterscheiden. Denn beide, Kunden wie zukünftige Mitarbeiter, wollen doch eigentlich nur wissen: Wie sind die denn so? Was machen die den ganzen Tag? Warum soll ich zu denen gehen, und nicht ins Versicherungsbüro nebenan?

Womit wir auch beim Thema Content-Marketing sind: Schreibt doch einfach über das, was Ihr den ganzen lieben langen Tag so macht. Knipst Fotos, dreht kurze Videos und zeigt, dass Ihr echte Menschen seid, dass ihr nett, vertrauenswürdig und kompetent seid. Jeden Tag einmal.

Dann kommen neue Kunden und passende Mitarbeiter fast von alleine.

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Wenn Sie wissen möchten, wo die Assekuranz im vergangenem Jahr überall aktiv war, wie und womit Versicherungen und Krankenkassen auf den einzelnen Plattformen agierten und mit welchem Erfolg, dann ist der Jahresreport 2018 genau das Richtige für Sie.

Alles auf einen Blick. Alles in einem Report. Alles was Sie über die Aktivitäten der Assekuranz im #Neuland 2018 wissen sollten finden Sie hier. Zahlen, Daten, Fakten, Best Practice Beispiele und ein Füllhorn an Inspiration.

MarKo Petersohn

Mehr als 20 Jahre Erfahrung im Onlinemarketing und seit 2010 ausschließlich für die Assekuranz aktiv. Ich helfe Gesellschaften und Vermittlern sich zukunftssicher aufzustellen und schule die dazu benötigten Fähigkeiten.

Außerdem bin ich Gründer der Onlinemarketing Gesellschaft für Versicherungsvermittler, verleihe seit 2018 gemeinsam mit der DKM, den Versicherungsforen Leipzig und dem AMC jährlich den OMGV Award für Makler, Agenturen und Maklerunterstützung

Des weiteren bin ich seit 2021 Leiter Neue Medien beim Versicherungsbote und Host im Königsmacher-Podcast.