LinkedIn vs. Xing oder Businessnetzwerk vs. Stellenbörse

18. September 2015 | 9 Minuten Lesezeit

In letzter Zeit werden wir immer wieder gefragt, was wir über LinkedIn im Vergleich zu Xing denken und welche Plattform wir Maklern, Vermittlern und Versicherern empfehlen? Abgesehen davon, dass wir im Gegensatz zu vielen selbsternannten Onlineexperten keine der beiden Plattformen als relevanten Onlinemarketingkanal (Personalmarketing ausgenommen) betrachten, ist ein Vergleich beider Businessnetzwerke allerdings höchst interessant. Denn während LinkedIn unangefochtener Weltmarktführer ist, ist Xing noch das Nonplusultra im deutschsprachigen Raum. Wird das immer so bleiben? Bleibt Xing auf ewig das kleine gallische Dorf, welches sich dem weltweiten Imperium LinkedIn erfolgreich entgegen stellt?

Legt man die Zahlen aus dem großen Social Media Report der Assekuranz 2015 zur Grundlage, so erhält man ein ziemlich klares Bild. Derzeit sind 129 Versicherer auf Xing aktiv und 33 auf LinkedIn bzw. 63 % auf Xing gegen 16 % auf LinkedIn. Der Vergleich von Maklern und Vermittlern sollte noch eindeutiger ausfallen. Aber wird das auch in Zukunft so bleiben bzw. sind die beiden Plattformen überhaupt miteinander vergleichbar oder sind es mittlerweile und in Zukunft nicht vielmehr zwei grundlegend verschiedene Dienste? Schauen wir sie uns doch einmal genauer an und betrachten sie zuerst einmal unabhängig voneinander.

LinkedIn

LinkedIn wurde 2003 gegründet und ist unter den Business-Netzwerken das mit Abstand meistgenutzte. Weltweit hat es mittlerweile über 360 Millionen Nutzer (1) und liegt auch in der D-A-CH-Region schon bei mehr als 6 Millionen Mitgliedern.(2) Laut dem Alexis-Internet-Ranking liegt linkedin.com weltweit auf Platz 14 bei den meistbesuchten Websites.

LinkedIn ist ein soziales Netzwerk, welches seinen Fokus, im Gegensatz zu den meisten anderen Anbietern, nicht auf private Unterhaltungen, sondern auf die Geschäftswelt, berufliche Kontakte und die daraus resultierende professionelle Kommunikation legt. Einfach gesagt, erstellen sich Mitglieder auf LinkedIn ein Profil, was einem virtuellen Lebenslauf gleicht. Sie tragen darin ihre Arbeitsstellen, Ausbildung, Qualifikationen, weitere Kenntnisse und Referenzen ein. Sie verlinken sich mit Arbeitskollegen, ehemaligen Arbeitskollegen und Geschäftskontakten und nutzen typische Netzwerkfunktionen zur Kommunikation.

Für Unternehmen gibt es die Möglichkeit, Firmenseiten anzulegen, welchen sowohl eigene Mitarbeiter als auch unternehmensfremde Mitglieder folgen können. Diese Seiten können mit einem Titelbild, Profilbild und einer Beschreibung ansprechend gestaltet werden und bieten die Möglichkeit, relevante Beiträge für die eigenen Follower zu veröffentlichen.

Im Mai 2012 kaufte LinkedIn für 119 Millionen Dollar SlideShare (3) und damit die weltweit größte Plattform für den Tausch und das Archivieren von Präsentationen. Drei Jahre später, im April 2015, kaufte das Business-Netzwerk für 1,5 Milliarden Dollar die Online-Schulungs-Plattform lynda.com. (4) Die Akquise beider Unternehmen zeigt, wohin sich LinkedIn in Zukunft wohl bewegen wird. Das Business-Netzwerk orientiert sich weg vom reinen Kontakt-Karriere-Netzwerk und der Stellenbörse, hin zu einer begleitenden Berufs-Bildungs-Plattform. Neben der beruflichen Vernetzung und passenden Stellenangeboten wird LinkedIn zunehmend ein Portal zur Weiterbildung und für professionellen Wissenstransfer werden. Das Unternehmen verankert sich somit immer stärker im Arbeitsalltag seiner Mitglieder.

Xing

Xing wurde ebenfalls 2003, damals noch unter dem Namen openBC für Open Business Club, gründet und gehört auch zu den sogenannten Business-Networks. Versuchte das Unternehmen aus Deutschland sich fast 10 Jahre international zu positionieren, so fokussiert man sich seit 2012 ganz klar auf die D-A-CH Region und kann hier mittlerweile knapp 9 Millionen Mitglieder verzeichnen.(5) Im deutschsprachigen Markt gilt Xing deswegen, noch vor dem weltweiten Branchenprimus LinkedIn, als Marktführer unter den sozialen Netzwerken für berufliche Kontakte.

Mitglieder erstellen sich hier ebenfalls ein Profil, was wie ein virtueller Lebenslauf wirkt. Im Vergleich zu LinkedIn findet man hierin nicht nur berufliche Stationen, Qualifikationen und Abschlüsse, sondern hat außerdem die Möglichkeit, in Stichpunktform zu erklären, was  an Know-how geboten und auf Xing gesucht wird. Beides ist in besonderem Maße relevant, da dies Kernelemente der Xing-Suche sind. Ansonsten bietet Xing die Standardfunktionen sozialer Netzwerke. Man kann sich ebenfalls mit Kollegen, Geschäftspartnern und ehemaligen Weggefährten verknüpfen, Beiträge veröffentlichen. Auch das Liken, Teilen oder Kommentieren von Beiträgen ist möglich.

Für Unternehmen gibt es die Möglichkeit, sich einfache Firmenseiten anzulegen, in denen man nur den Namen, das Logo und eine kurze Unternehmensbeschreibung plus Verlinkung zur eigenen Website eintragen kann. Alternativ ist die Präsentation mit einem kostenpflichtigen Employer Branding-Profil möglich, welches Xing gemeinsam mit Kununu entwickelt hat und Unternehmen seit März 2014 zur Verfügung stellt. Das Business-Netzwerk kaufte die Arbeitgeber-Bewertungsplattform 2013 für 3,6 Millionen Euro. (6) Die Employer Branding-Profile sollen Unternehmen dabei helfen, „die besten Kandidaten für ihr Unternehmen zu gewinnen und gute Mitarbeiter langfristig zu binden.“

Egal, welche Version man wählt, stets hat man die Möglichkeit, auf der eigenen Seite Neuigkeiten zu veröffentlichen, welche sowohl die eigenen Mitarbeiter als auch unternehmensfremde Xing-Mitglieder abonnieren können.

Im Gegensatz zu LinkedIn bietet Xing außerdem die Möglichkeit, Veranstaltungen über die Plattform zu erstellen, zu promoten und abzurechnen. Die Grundlage hierfür ist die im Dezember 2010 erfolgte Übernahme des Online-Ticketing-Anbieters Amiando für ca. 10 Millionen Euro. (7)

Die akquirierten Unternehmen, zu denen seit Januar 2015 auch Deutschlands größte Jobsuchmaschine Jobbörse.com gehört (für 6,3 Millionen Euro übernommen) (8), zeigen ein relativ klares Bild, in welche Richtung sich Xing zukünftig entwickeln wird. Das Business-Netzwerk legt noch stärker als bisher seinen Fokus auf die Jobvermittlung und wird zu einem professionellen Stellenportal und Werkzeug für das Personalmarketing bzw. Headhunter. Xing will versuchen, die richtigen Personen und die passenden Positionen zusammenbringen.

LinkedIn vs. Xing

Für eine fundierte Prognose sind zwar die Ausrichtung der Plattformen und die allgemeinen gesellschaftlichen Prozesse am relevantesten, allerdings bieten auch die Nutzerzahlen bzw. ihre Entwicklung einen nützlichen Anhaltspunkt.

1. LinkedIn vs. Xing – Entwicklung der Nutzerzahlen

Betrachtet man den Status quo der Nutzerzahlen, so wird deutlich, dass LinkedIn zwar der uneingeschränkte Weltmarktführer ist, aber in der D-A-CH-Region noch immer Xing den Ton angibt. Allerdings wächst LinkedIn rasant an und holt diesen Vorsprung langsam auf, wie die folgenden Grafiken eindrucksvoll zeigen. (9) (10)

Der enorme Aufstieg von LinkedIn hat sicherlich verschiedenste Gründe. Hauptursachen dürften allerdings drei Faktoren sein: Zum einen hat LinkedIn im August 2011 ein eigenes Büro für die D-A-CH-Region in München eröffnet, um die Expansion im deutschsprachigen Raum voranzutreiben. Zum anderen profitiert man von der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung.

2. Der gesellschaftliche Aspekt

Wir leben in einer immer globaleren Welt, worauf auch die Bildungspolitik in den vergangenen Jahren reagiert hat. Mit Inkrafttreten der Bologna Universitätsreform im Jahre 2010 und der damit verbundenen internationalen Anpassung der Studiengänge (Bachelor & Master), werden Auslandssemester für Studenten nicht nur erleichtert, sondern sogar gewünscht. Denn eines der offiziellen Reformziele ist die

„Förderung der Mobilität durch Beseitigung von Mobilitätshemmnissen; gemeint ist nicht nur räumliche Mobilität, sondern auch kulturelle Kompetenzen und Mobilität zwischen Hochschulen und Bildungsgängen“. (11)

Das bedeutet, Studenten studieren internationaler und haben somit durch eigene Auslandssemester oder Auslandssemester anderer Studenten an der eigenen Universität weitaus mehr internationale Kontakte als je zuvor. Wenn sie dann nach dem Studium in das Berufsleben einsteigen und vor der Wahl zwischen Xing und LinkedIn stehen, werden sie gemäß des Netzwerkeffektes zweifellos das internationale Business-Netzwerk LinkedIn wählen.

Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, denn sobald die primäre Zielgruppe der HR-Abteilungen von Firmen der D-A-CH-Region nicht mehr auf Xing anzutreffen ist, werden auch sie sich immer mehr auf LinkedIn fokussieren.

3. Unterschiedliche Ausrichtung beider Plattformen

Last but not least, denn dies ist für die Zukunftsprognose der Netzwerke mit am relevantesten, muss man die strategische Ausrichtung der Plattformen betrachten. Wie die Einzelanalyse zeigte, entwickelt sich LinkedIn durch seine Firmenkäufe immer weiter weg von einem bloßen Kontakt- und Karrierenetzwerk hin zu einer Wissensplattform und einer berufsbegleitenden Bildungsplattform. Das Unternehmen verankert sich somit immer stärker im Arbeitsalltag seiner Mitglieder und wird so auch immer mehr ein Ort der Kommunikation.

Xing legte im Gegensatz zu LinkedIn schon immer viel mehr Wert darauf, dass sich seine Mitglieder bestmöglich präsentieren können. Fast schon idealtypisch wird dies von den beiden äußerst prominenten und relevanten Punkten „Ich biete“ und „Ich suche“ verkörpert. Mit den strategischen Firmenkäufen versucht das Netzwerk immer mehr, die richtigen Personen bzw. Personen und Unternehmen zusammen zu bringen. Man könnte fast sagen, Xing entwickelt sich zu einer Art „Dating-Plattform für Bewerber“ und wird bzw. ist schon eine hochklassige Stellenbörse.

Fazit

Fasst man alles zusammen, so zeichnet sich eindeutig ab, dass LinkedIn auch im deutschsprachigen Raum Marktführer werden wird. Allerdings zeigt sich ebenfalls, dass ein Vergleich der beiden Business-Netzwerke ein Vergleich von Äpfeln und Birnen ist. Denn von ihrer Ausrichtung her streben beide nach unterschiedlichen Zielgruppen. Während bei LinkedIn Berufstätige im Fokus stehen, richtet sich Xing immer mehr an Personen, die einen Job suchen bzw. sich beruflich verändern wollen.

Wenn wir jetzt zur Eingangsfrage zurückkehren, welches Business-Netzwerk wir empfehlen, dann kann die Antwort nur LinkedIn lauten. Zum einen wird es in naher Zukunft zweifellos auch im deutschsprachigen Raum Marktführer werden und zum anderen ist es im Prinzip das einzig wirkliche Businessnetzwerk. Xing entwickelt sich immer mehr zu einer hochqualifizierten Stellenbörse und ist von den Funktionen und der Ausrichtung her eigentlich eine optimale Ergänzung zu LinkedIn. Es würde uns deshalb auch nicht wundern, wenn der Weltmarktführer das deutsche Netzwerk über kurz oder lang aufkauft.

Quellen

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/198224/umfrage/anzahl-der-mitglieder-von-linkedin-quartalszahlen/

2 https://www.linkedin.com/pulse/6-millionen-mal-danke-till-a-kaestner

http://www.businessinsider.com/linkedin-is-buying-slideshare-2012-5?IR=T

4 http://www.mobiflip.de/linkedin-e-learning-plattform-lynda/

5 https://corporate.xing.com/deutsch/unternehmen

6 http://www.golem.de/news/uebernahme-xing-kauft-arbeitgeber-bewertungsplattform-kununu-1301-96763.html

http://www.gruenderszene.de/news/amiando-xing-exit

8 http://t3n.de/news/xing-kauft-jobboerse-com-589929

9 https://www.linkedin.com/pulse/6-millionen-mal-danke-till-a-kaestner

10 https://linkedinsiders.wordpress.com/2015/04/08/xing-vs-linkedin-deutschland-fruhjahr-2015/

11 http://educationalcounsellingassociation.co.uk/de/the-eu-harmonisation

MarKo Petersohn

Mehr als 20 Jahre Erfahrung im Onlinemarketing und seit 2010 ausschließlich für die Assekuranz aktiv. Ich helfe Gesellschaften und Vermittlern sich zukunftssicher aufzustellen und schule die dazu benötigten Fähigkeiten.

Außerdem bin ich Gründer der Onlinemarketing Gesellschaft für Versicherungsvermittler, verleihe seit 2018 gemeinsam mit der DKM, den Versicherungsforen Leipzig und dem AMC jährlich den OMGV Award für Makler, Agenturen und Maklerunterstützung

Des weiteren bin ich seit 2021 Leiter Neue Medien beim Versicherungsbote und Host im Königsmacher-Podcast.